STATEMENT
Seit ca. vierzig Jahren befasse ich mich mit Ton, Lehm, Erde, Gips, Stein, Metall – ich berühre, taste, knete, kratze, schabe, schleife, feile, ich schau, sehe, erfinde und verwandele so Material in Form – im günstigsten Fall entsteht aus der Form Sinn, der sich bemüht Kunst zu werden.
Ich möchte nicht, dass der Betrachter ein Handbuch braucht um Zugang zu meiner Formarbeit zu bekommen.
Für den Betrachter soll das Betrachtungserlebnis allein aus der sich zwingenden Umschreitbarkeit der Skulptur, des Objektes, der Rauminszenierung entstehen. Dieses Anschauen aus der Bewegung heraus benötigt mehr Zeit als nur den Augenblick. Skulptur braucht nicht nur zur Herstellung Zeit.
John Bachem
Es gibt Künstler, die in atemberaubendem Tempo fast jeden Tag neue Arbeiten vorzulegen scheinen. Zu denen gehört John Michael Bachem auf keinen Fall – nicht etwa, weil Bildhauerei sowieso nur ein langsames Arbeitstempo zuläßt. Bachem lebt mit seinen Arbeiten zusammen, sehr selten in abenteuerlichen kurzen Flirts, meist beständig, in dauerhafter Partnerschaft. Das mag daran liegen, dass ihm die kurzen Einstellungen, die Spots, die kleinen Tagesmoden nicht nur unsympathisch sondern auch verdächtig erscheinen. Das, was er als Lebenserfahrung versteht, hat er schließlich auch nicht in kurzen Momenten gesammelt, und seine Lebenserfahrung ist es, was er in seinen Arbeiten festhalten will.
Das mag auch daran liegen, daß er eine gewisse Angst hat, sich als Künstler zu weit von seinem durchaus „normal“-bürgerIichen Privatleben zu entfernen. Diese Angst – und darin liegt für mich die Qualität seiner Arbeit – wird immer wieder thematisiert. Einerseits in Figuren, die eine fast berauschende zeitlose Melancholie ausstrahlen, die aber auch durch kleine Symbole zu erkennen geben, daß sie auf der Suche nach Kontakt, Bewegung, Veränderung sind. Andererseits durch Arbeiten mit schnellem Material, wie zum Beispiel Styropor, die wie ironisch inszenierte kleine Befreiungsschläge angelegt sind. Dabei geht es weniger darum, völlig neue Wege und Bahnen einzuschlagen als vielmehr um Standortveränderungen, die neue Sichtweisen möglich machen.
Bachem hat die Geduld, auf solche Standortveränderungen zu warten, sie geschehen zu lassen. Er zwingt sich selbst zu keiner Radikalität, im Gegenteil, er braucht das Gefühl, auf einem sicheren Fundament aufzubauen, seine Fühler, die ringsum nach Neuem tasten, gut verankert zu wissen. Deshalb hat er auch sein Studium an der Kölner Werkschule nicht nur absolviert, sondern sehr ernst genommen: Handwerk und Kunst sind für ihn in der Grundsubstanz ein und dasselbe. Lediglich die Inspiration macht den Unterschied – und die läßt sich eben nicht erzwingen.
Uli T. Swidler